Ich habe vor einigen Jahren einen Workshop zum Thema Change Management besucht.
Der
Workshop sollte mir helfen, im Berufsleben dauerhaft Fuß zu fassen.
Zudem habe ich mir erhofft, meine Mitmenschen auch besser anleiten zu
können. Statt den erwarteten pädagogischen Belehrungen und
unvermeidlichen Soft-Skill-Tipps,
wurde uns beigebracht, unsere Wünsche, Bedürfnisse und emotionalen
Belastungen auf ganz neue Art auszudrücken: durch Bilder. Genau genommen
durch das Malen von Bildern.
Diese
für mich bis dato neue Technik will ich mir nun zunutze machen. Ich
möchte meinen Mitmenschen die Chance geben mir zu zeigen, welche
Bedürfnisse sie an Bücher richten - und wieso, um alles in der Welt,
mein Buch so schändlich verschmäht wird.
Vielleicht
liege ich mit meiner Theorie richtig und Menschen lesen heutzutage
einfach nicht mehr aus einem Buch. Aber wie soll das dann erst in der
Zukunft aussehen? Mir schwant Düsteres, dennoch mache ich mich voller
Energie an meine selbsterdachte Aufgabe: Die Leute suchen, die auf die
Frage "(Wie) liest du in 50 Jahren?" noch mit Begeisterung und charmanter Realitätsferne antworten können.
Also auf in die Unimensa, voller junger Hoffnungsträger und frustrierter Kleinkünstlern wie mich.
Die
Quantität der Studenten, die es vor 10 Uhr aus dem Bett geschafft hat,
scheint dann auch gleich vielversprechend: Soziologie und
Psychologiestudenten, die sich rege über ihre persönlichen Defizite
austauschen. Doch meine unschuldige Frage "Haben Sie Zeit für eine kleine Frage zum Thema…"
sticht mitten in ein Wespennest. Die Umfragestachel ausgefahren,
stürzen sich die so freundlich aussehenden Studenten auf mich wie wild
gewordene Hornissen:
"Auf einer Skala von 1 bis 10, wie zufrieden sind Sie mit der Struktur ihrer Umfrage?", "Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Fragebogen?", "Wie gehen Sie mit Kritik um?", schallt es aus allen Ecken.
HILFE!
Ich suche verzweifelt einen Ausweg. So war das definitiv nicht geplant!
Wieder biegt ein Soziologe um die Ecke hinter mir in meinen Gang ein. "Sie wirken gehetzt, nehmen sie Beruhigungsmittel zum Ausgleich?" "Wo sehen sie sich in zehn Minuten?" Ein Knall ertönt.
[Handlungslücke]
Oben angekommen erblicke ich zwei junge Studentinnen, die mich im Gegensatz zu der Horde von vorher nicht einmal ansatzweise wahrnehmen. In der Hoffnung nicht wieder überrannt zu werden, stelle ich den Beiden meine Frage. "(Wie) lest ihr in der Zukunft Bücher? Könnt ihr mir dazu ein Bild malen?"
Nach
dem Betrachten der Bilder, wird mir plötzlich mehr als bewusst, dass
meine Annahme zutreffen muss. Der Wandel von Print Medien zu digitalen
Medien scheint ein fortlaufender Trend zu sein. Besonders Brillenträger
sind dann wohl bei weitem nicht mehr so unbeliebt, wie sie es zu meiner
Schulzeit waren. Stattdessen wird die digitale Revolution, aus der Sicht
der netten Studentinnen, von Menschen mit hellblauen Glasscheiben vor
dem Kopf angeführt. Eines steht fest:
Wenn ich der Menschheit mein Meisterwerk auch als ebook zur Verfügung stelle, kann das den Weg zu Ruhm und Reichtum für mich ebnen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen